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Die Arbeiterkammer Wien hat deshalb eine dritte Erklärung, wer für die voranschreitende Erderhitzung die Verantwortung trägt: jene, die die Macht haben, Entscheidungen zu treffen. In dieser Berechnung verantwortet das reichste Prozent der Österreicherinnen und Österreicher 37,2 Prozent der Emissionen im Land. Das reichste Zehntel 56 Prozent. Die Bevölkerungshälfte mit dem geringsten Einkommen: 17 Prozent.

Damit fällt die Ungleichheit in der Klimaschuld noch stärker aus als in Deutschland. Während das reichste Zehntel in Österreich 16-mal so viel Treibhausgase verantwortet wie jemand aus der ärmeren Bevölkerungshälfte, sind es in Deutschland zwölfmal so viel.

Neue Methode Der neue Erklärungsansatz der „kapitalbasierten Emissionen“ stammt von den französischen Ökonomen Lucas Chancel und Yannic Rehm. Dabei werden die anfallenden Emissionen jenen zugerechnet, denen die Produktionsmittel gehören, die Treibhausgase verursachen. „Denn Eigentümer:innen und Aktionär:innen haben direkten Einfluss auf wirtschaftliche Entscheidungen und profitieren von klimaschädlichen Produktionsweisen“, schreiben die Autorinnen und Autoren der AK-Studie, die mit Chancel zusammenarbeiteten und sein Modell mit österreichischen Zahlen fütterten.

Dafür griffen sie auf verschiedene Datenquellen zurück, unter anderem auf das Statistische Amt der Europäischen Union (Eurostat), die „Household Finance und Consumption Survey“ der Oesterreichischen Nationalbank und die World Inequality Database.

Aus für Verbrenner-Aus „Wir sagen nicht, dass Staaten oder Konsumentinnen und Konsumenten keine Verantwortung haben. Aber der Diskurs wird sehr stark dorthin getrieben“, sagt Studienautorin Eva Six. Das beeinflusse die Klimapolitik maßgeblich mit. Der neue Ansatz, der den Scheinwerfer auf die Mächtigen richtet, sei zwar nicht besser als die anderen, biete aber eine neue Perspektive und vervollständige damit das Bild.

Als aktuelles Beispiel nennt Six das von der EU beschlossene Verbrenner-Aus im Jahr 2035, das konservative Kräfte gerade rückgängig machen wollen. „Das ist getrieben von kurzfristigen Profitinteressen, also von den Eigentümern der Firmen, die Dieselmotoren produzieren“, sagt Six. „Wir wollen mit der Studie zeigen, dass der ökologische Umbau der Produktion keine rein technische Frage ist, sondern auch eine Frage der Entscheidungsgewalt“, erklärt Matthias Schnetzer, der die Abteilung Wirtschaftswissenschaft und Statistik in der AK Wien leitet. Schwächen der Analyse

Aus den Ergebnissen leitet die AK Wien politische Forderungen ab: Anstatt weiterhin in klimaschädliche Produktion zu investieren, sollte der Staat höhere Investitionsfreibeträge für klimafreundliche Umbauten fördern. Gleichzeitig sollten die Reichen, die am stärksten zur Klimakrise beitragen, über Vermögens- und Erbschaftssteuern einen Beitrag zum sozial-ökologischen Umbau leisten.

Die 27-seitige Analyse verschweigt aber nicht, dass der neue Ansatz auch Schwächen hat. So stützen sich die Ergebnisse auf nicht aktuelle Daten, die meisten stammen aus dem Jahr 2017, weil damals die Datenqualität besser war. Wo sich trotzdem Datenlücken auftaten, musste die AK mit Annahmen arbeiten. Und ein knappes Drittel der Emissionen wird in der Berechnung dem Staat zugerechnet – sie fallen etwa durch Infrastruktur oder Investitionen in die Gesundheit, Verwaltung oder Verteidigung an. Es sei „nicht trivial festzulegen, wie Staatsemissionen zwischen den Haushalten aufgeteilt werden sollen“, heißt es in der Studie

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